E-Food wächst 2022 moderat

E-Food wächst 2022 moderat

Während E-Commerce seit dem Jahr 2000 primär die Buchbranche und Unterhaltungselektronik verändert hat, gab es 2008 mit dem Start von Zalando einen Schub in der Bekleidungsindustrie. Ein Schattendasein fristete dabei der Lebensmittelhandel (E-Food). Gerade in der Schweiz, wo wir dichtbesiedelt sind und ein Coop, Migros, Denner, Aldi oder Lidl gefühlt um jede Ecke steht, hat e-food einen schweren Stand. Und dies obwohl LeShop (Migros) eine Pionierrolle in Europa einnahm und in den letzten 5-10 Jahren auch diverse Nischenmärkte im eFood entstanden. So können seit längerem viele Nahrungsmittel aus allen Herren Ländern in unterschiedlichen Webshops bestellt werden. Sei es der Pancake-Mix aus den USA oder das Chili aus Indonesien.

Auftrieb gab es in dieser Branche erst mit (dank?) Corona. Diverse Händler lagen weit hinter den eigenen Prognosen ihres Online-Kanals. Startups hatten Mühe das entsprechende Risikokapital zu erhalten. Die COVID-19-Pandemie hat auf einen Schlag viele Menschen dazu veranlasst vermehrt von zu Hause auszubestellen. Ob es gewisse E-Food Händler ohne Corona heute noch gäbe, ist wohl eine spannende Frage.

E-Food Markt wächst stark seit 2020

Erst kürzlich gab Coop die Zahlen fürs 2022 bekannt. Der Online-Supermarkt Coop.ch wuchs dabei um 8,4 %. Im Bereich Grosshandel stieg der Online-Umsatz gar um 55,1 %. Mit Aldi ist zudem ein etablierter Detailhändler neu im Online-Handel präsent. Der Pureplayer Farmy hingegen musste 2022 einen kleinen Rückgang (von 32 Mio CHF auf 31 Mio CHF) hinnehmen und lässt verlauten, dass man nun an der Profitabilität arbeiten möchte. Im Pandemiejahr ist bekanntermassen Galaxus förmlich explodiert und erzielte nicht nur ca. 70% mehr Umsatz (= ca. 700 Mio CHF), sondern hat auch die Anzahl Mitarbeiter massiv erhöht. Genauso erging es Farmy und so ist man nun in eine Konsolidierungsphase eingetreten. Farmy darf aktuell durchaus als Ausnahme betrachtet werden. Das mag diverse Gründe haben, welche im Geschäftsmodell von Farmy zu finden sind.

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Abbildung 1: E-Food Schweiz, Online Nahrungsmittelverkauf (inkl. Tabakwaren) 2019 – 2022, in % Quelle: https://monitoringconsumption.com/

Die Analyse von Digitalrat zeigt, dass der Markt 2022 zum Vorjahr (VJ 2021) weiter zweistellig (ca. 8%) gewachsen ist (vgl. Abbildung 1). Dieses hat sich nach einem starken Anstieg 2020 (+ ca. 40%) und 2021 (+ ca. 21%) deutlich abgeschwächt. Gleichwohl gilt zu berücksichtigen, dass der Markt in den letzten 3 Jahren knapp 80% gewachsen ist (2019: 1.82% Marktanteil. 2022: 3.31%).

Es kann angenommen werden, dass im kommenden Jahr der Online-Lebensmittelverkauf in der Schweiz weiterwachsen wird und sich nicht auf ein Vor-Corona-Niveau zurücksetzt. Es ist in der Schweiz zu beachten, dass die Verkaufsfläche nachwievor der entscheidende Faktor für Nahrungsmittel ist. Denn wie die Abbildung 2 klar zeigt, wird 96% des Verkaufs nachwievor auf der Retail-Fläche umgesetzt.So hat wenig überraschend Denner Ende 2022 angekündigt das Filialnetz weiter zu modernisieren. (Quelle) Denner mag wiederum nicht die Macht im E-Food zu sein, trotzdem ist dieser Händler mit seinem Weinshop seit Jahren in einer lukrativen Nische sehr gut etabliert. Wie sich in einem solchen Umfeld ein Pureplayer wie Farmy schlagen wird, betrachtet man in der Branche wohl mit Argus Augen. Lange galt deren Vorgehen als „state of the Art“. Nun haben die klassischen Detailhändler aus dem stationären Handel massiv investiert und entsprechend aufgeholt – oder lassen Sie Farmy vielleicht bereits stehen?

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Abbildung 2: E-Food Schweiz – Marktanteil Online Nahrungsmittelverkauf (inkl. Tabakwaren), 2019, 2020, 2021, 2022, pro Woche in %

E-Commerce in verschiedenen Formen

Man könnte behaupten, dass man im E-Food den Weg aus dem Jammertal gefunden hat. Dazu beigetragen haben nicht nur klassische Detailhändler wie Migros, Coop, Aldi, Denner, Lidl oder eben Pureplayer wie Farmy, sondern auch diverse Plattformen, Spezialitätenhändler und auch Produzenten selbst haben das Internet als Verkaufskanal entdeckt. Direct-to-Consumer (D2C) ist die Bezeichnung dafür und so bieten Firmen wie Kambly, Yamo oder Zweifel einen Direktvertrieb. Andere Produzenten und Marken wie die bspw. Hero oder Mövenpick verkaufen ihre Produkte ausschliesslich via die Plattform Brack (https://www.brack.ch/hero bzw. https://www.brack.ch/moevenpick). Andere wiederum setzen wie die Distillerie Studer, auf den eigenen Vertrieb und Plattformen wie Galaxus.

Lange galt es als Kriegserklärung am etablierten Detailhändler „vorbei“ zu verkaufen. Vielen Konsumenten war auch gar nicht bewusst, dass ihre Lieblingsmarkt einen eigenen Webshop betreibt. Einerseits aus Bequemlichkeit suchten diese das Produkt eher beim Detailhändler. Andererseits wagten es viele Marken nicht ihren Webshop aktiv zu vermarkten. Corona scheint dieses Tabu endgültig gebrochen zu haben und die Industrie und FMCG Marken haben sich schrittweise vom Detailhandel emanzipiert und so entsteht ein hybrides Ökosystem.

Wieso Lebensmittelproduzenten auch direkt verkaufen müssen

Lebensmittelproduzenten, die ihre Produkte über einen eigenen Webshop verkaufen, bedeutet dies in erster Linie eine erhöhte Kontrolle über den Vertriebskanal. Sie können ihre Produkte direkt an die Endverbraucher verkaufen, ohne dass ein Zwischenhändler involviert ist. Das kann ihnen helfen, die Preiserosion abzuschwächen und insbesondere mehr über ihre Kunden und deren Bedürfnisse zu erfahren. Entsprechend kann der Produzent sein Angebot anpassen und evt. sogar besser planen.

Es ist jedoch auch wichtig zu beachten, dass der Aufbau und die Pflege eines eigenen Webshops Zeit und Ressourcen erfordern und dass es für Lebensmittelproduzenten schwierig sein kann, die gleiche Reichweite und Sichtbarkeit wie grosse Online-Einzelhändler zu erreichen. Umso wichtiger ist es, dass man den Schritt in die E-Commerce Welt wohl überlegt und entsprechende Konzepte entwickelt. Gleichwohl hat E-Commerce heutzutage viele Gesichter und kann gar mit stationären Konzepten kombiniert werden. Für die Händler bedeutet dies im Gegenzug, dass sie ihre Online-Angebote weiter ausbauen müssen, um ihre Kunden besser zu bedienen und um mit den Veränderungen im Detailhandel Schritt zu halten.

Komplexe E-Commerce Landschaft benötigt eine Strategie

Digitalrat agiert branchenunabhängig. Wobei wir uns auf Digitalisierungs- und Transformations-Projekte im Handel und der Industrie fokussiert haben. Von Genuss- und Nahrungsmittel, bis Kosmetik, über Fenster, Lüftungen oder Küchen- und Elektrogeräten. Wir entwickeln Technologie- und Systemneutrale Konzepte mit einem klaren Business Case. Unsere Experten unterstützen Sie mit E-Commerce Know-How und einem Verständnis für die Spielregeln in ihrer Branche. Unsere Referenzen können Sie gerne anfragen (dialog@digitalrat.ch oder auch hier einsehen).

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Kevin D. Klak

Kevin unterstützt Ihr Unternehmen im Spannungsfeld der Digitalisierung. Sei es als unabhängiger Beirat für Geschäftsleitung und Verwaltungsrat oder ad Interim in der Umsetzung von strategischen Projekten.